„Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Arbeit“ - Caritas in Niedersachsen fordert größere Anstrengungen
Dabei gehe es sowohl um mehr Inklusion auf dem Arbeitsmarkt als auch um das generelle Recht auf Arbeit. Denn außer in Nordrhein-Westfalen haben Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen in Deutschland keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Werkstatt-Arbeitsplatz.
Arbeitsplätze oft nicht barrierefrei
Etwa 16.000 Unternehmen in Niedersachsen sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Dieser Verpflichtung kommen lediglich rund 37 Prozent nach. Mehr als 26 Prozent beschäftigen keinerlei Arbeitnehmer mit Behinderung.
Johannes Buß weist darauf hin, dass auch die Rahmenbedingungen schwierig sind. „Oft sind Arbeitsplätze nicht barrierefrei. Das hält viele Menschen mit Handicap aus den Betrieben fern.“
Zudem schaffen immer noch zu wenige Menschen mit Behinderung den Sprung von einer Werkstattbeschäftigung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Zwar habe die Bundesregierung Anreize für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung geschaffen, wie zum Beispiel einen Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber, doch werde diese Möglichkeit kaum genutzt. Stattdessen leisten viele Betriebe lieber eine Ausgleichszahlung.
„Für viele Arbeitgeber ist es leichter, eine Abgabe zu zahlen, als die Rahmenbedingungen von beruflicher Bildung und Arbeit so zu gestalten, dass Teilhabe möglich wird“, benennt Buß ein zentrales Problem.
„Die Caritas fordert daher, den in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschriebenen Anspruch auf Barrierefreiheit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchzusetzen.“ Doch allein rollstuhlgerechte Gebäude und technische Hilfsmittel, beispielsweise für Hör- oder Sehgeschädigte, reichten nicht aus, so Buß. „Damit Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß fassen können, muss es mehr Möglichkeiten für Teilzeitbeschäftigung und Job-Sharing geben, gerade für Menschen, die aufgrund physischer oder psychischer Beeinträchtigung nur stundenweise arbeiten können. Zudem muss es bei Bedarf einen dauerhaften Anspruch auf Arbeitsassistenz geben, also die persönliche Begleitung von Menschen mit Behinderung an ihrem Arbeitsplatz.“ Bislang ist dies nur für die Zeit der Einarbeitung vorgesehen.
All das könne helfen, mehr Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren unterstreich Buß. Zugleich weist er darauf hin, dass für viele Personen die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen unverzichtbar sind: „Gerade für Menschen mit hohem Hilfebedarf ist dieses Angebot die geeignete Integration in Arbeit. Das Angebot der Werkstätten ist unverzichtbar. Danke allen, die dort tolle Arbeit leisten!“.
Gute Beispiele ermutigen
Buß, der Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück e.V. ist, kennt jedoch auch gute Beispiele: „Die Caritas-Werkstätten kooperieren mit Betrieben, die Menschen mit Behinderung einen externen Arbeitsplatz bieten. Diese Betroffenen bleiben Angestellte der Werkstätten, üben aber ihre Tätigkeit direkt vor Ort im Betrieb des Auftraggebers aus.“ Dieses Konzept fördert Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein der Menschen mit Behinderung und schafft neue soziale Kontakte. Buß weiß: „Auch die Betriebe profitieren von einer inklusiven und diversen Mitarbeiterschaft, die Werte wie Toleranz, Respekt und gegenseitige Rücksichtnahme lebt.“
Beispielhaft ist für den Caritas-Experten ein Schritt, der 2023 in Niedersachsen auf den Weg gebracht wurde. Es geht um die sogenannten Qualitätsstandards „Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“, die Handlungsempfehlungen für diesen wichtigen Schritt bieten.
Verbesserungen bietet auch das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts, das Anfang 2024 in Kraft tritt. Budgets für Arbeit unterliegen dann keiner Deckelung mehr.
Darüber hinaus werden Firmen durch das Gesetz verpflichtet, höhere Abgaben zu zahlen, wenn sie trotz Verpflichtung keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Dafür wird die sogenannte Ausgleichsabgabe geändert.
Die AG Caritaseinrichtungen der Behindertenhilfe Niedersachsen (CEBN) vertritt 30 Träger mit 170 Einrichtungen der Eingliederungshilfe in Niedersachsen. Dort werden rd. 15.000 Menschen begleitet. In den sechs Werkstätten der niedersächsischen Caritasverbände sind über 4100 Menschen mit Behinderungen beschäftigt.
Caritas in Niedersachsen – das sind der Caritasverband für die Diözese Hildesheim, der Caritasverband für die Diözese Osnabrück und der Landescaritasverband für Oldenburg.
Text und Foto: Caritas in Niedersachsen.