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Inklusion ohne Brechstange - Auf dem „Kleinen Campus“ in Bersenbrück lernen Schüler mit und ohne Beeinträchtigung unter einem Dach

Dass sich Schülerinnen und Schüler mit und ohne Beeinträchtigungen begegnen, ist in Bersenbrück nichts Neues. Seit Jahrzehnten bestehen verschiedenste Kooperationsprojekte zwischen der Paul-Moor-Schule und den umliegenden Schulen. Mit dem „Kleinen Campus“ in der Ravensbergstraße ist aber etwas ganz Besonderes entstanden: Die Grundschule und die Paul-Moor-Schule lernen seit einigen Monaten nicht mehr nur Tür an Tür, sondern unter einem gemeinsamen Dach. Aus Nachbarn sind Mitbewohner geworden.

„Es ist ein bisschen wie in einer guten WG“, sagt Axel Wichmann, Leiter der Paul-Moor-Schule. „Wir haben gemeinsame Räume, in denen wir zusammenkommen. Mal begegnen wir uns ganz gezielt bei gemeinsamen Aktivitäten, mal laufen wir uns eher zufällig in der Küche über den Weg. Trotzdem hat jeder sein eigenes Zimmer, in das er sich zurückziehen und nach seinen eigenen Bedürfnissen leben kann“, so Wichmann. Für ihn sei der Kleine Campus tatsächlich so etwas wie der „Königsweg der Inklusion“, weil das Konzept es ermögliche, dass Schüler mit und ohne Beeinträchtigung nah zusammenrücken, ohne dass eine der beiden Seiten überfordert werde. „Gelebte Inklusion, aber ohne Brechstange“, so Axel Wichmann.

Auch die Gründung für den Kleinen Campus sind ähnlich wie für den Einzug in eine WG: Die Samtgemeinde musste sich Gedanken machen, wo sie die wachsende Anzahl an Schülern unterbringen kann. Eine Erweiterung des bisherigen Grundschulgebäudes wäre kompliziert, langwierig und teuer geworden. Und so reifte letztendlich die Idee, sich mit der benachbarten Paul-Moor-Schule zusammenzutun.

Begegnungen nicht nur auf dem Pausenhof

Nach Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen teilen sich nun die beiden Klassen der Unterstufe der Paul-Moor-Schule das Gebäude mit bis zu fünf Klassen eines Schuljahrgangs der Grundschule. Eine Win-Win-Situation mit hohem pädagogischen Mehrwert für alle, betonten Samtgemeindebürgermeister Michael Wernke und HpH-Geschäftsführer Guido Uhl bei der offiziellen Eröffnung des Kleinen Campus im Mai 2024.

Die räumliche Nähe ermöglicht bereits seit über 20 Jahren gemeinsame inklusive Projekte und Kooperationen zwischen beiden Schulen. Begegnungen finden nicht nur auf dem Pausenhof und in der Mensa statt, sondern auch bei inklusiven Aktivitäten wie dem gemeinsamen Musikprojekt unter der Leitung des Musikpädagogen Hendrik Meyer. Einmal wöchentlich trifft sich eine Klasse der Grundschule mit den Unterstufen-Klassen der Paul-Moor-Schule zum gemeinsamen Musikunterricht. Es wird gesungen und getanzt, geklatscht und mit verschiedenen Rhythmusinstrumenten musiziert. Jeder bringt seine Fähigkeiten und Talente ein.

Auch der gemeinsame Schulgarten ist ein Begegnungsraum für Schüler mit und ohne Handicap. Die Obst-, Gemüse- und Kräuterbeete wurden von den Schülern, Lehrkräften und Eltern beider Schulen angelegt und so gestaltet, dass auch Rollstuhlfahrer ihn nutzen können. Im Schulgarten können die Kinder die Natur gestalten, beobachten, erforschen und genießen und haben so auch einen Ausgleich zum kognitiven Lernen.

„Unser Schulgarten ist ein tolles Projekt für Inklusion. Die Kinder arbeiten gemeinsam an einer Sache. So werden Berührungsängste abgebaut“, sagt Katja Rauf, die Schulleiterin der Grundschule. Auch Axel Wichmann betont den Mehrwert des Projekts: „Unsere Schüler begegnen sich im Schulgarten auf Augenhöhe. Die Arbeit ist frei von Konkurrenz und Vergleich. Jeder kann seine Fähigkeiten einbringen und Erfolge haben. Das stärkt das Selbstbewusstsein.“ Erfolge und Misserfolge werden von allen gemeinsam erlebt: Über die süßen Erdbeeren freut sich die ganze Gruppe, so wie sich alle über die Schnecken ärgern, die vom Salat nichts übrig lassen.

Für Axel Wichmann verkörpert der Kleine Campus die Idee der Inklusion: „Nur, wenn wir uns im Alltag begegnen, können wir füreinander Empathie, Verständnis und Akzeptanz entwickeln. Ob zufällige Begegnung an der Essensausgabe oder bei einem gezielt inklusiven Projekt: Hier erleben die Schüler von klein auf und ganz nebenbei, dass Menschen mit Beeinträchtigung ein Teil der Gesellschaft sind.“

Text: Elisabeth Schomaker/HpH.

Fotos: Oliver Pracht/HpH.

 

 

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