Forderungen der BAG WfbM für die Koalitionsverhandlungen
Weiterentwicklung der Werkstätten unterstützen
Werkstätten für behinderte Menschen wollen den Wandel mitgestalten und sprechen sich für Veränderungen aus. Für diese Veränderungen braucht es eine umfassende Anpassung der derzeitigen gesetzlichen Regelungen. Die derzeitige Gestaltung des gesetzlichen Systems ermöglicht es nicht, dass Werkstätten ohne Gesetzesänderungen und weitere staatliche Unterstützungen zum Beispiel die Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten umfassend verbessern können.
In diesem Zusammenhang gilt es zu berücksichtigen, dass alleinige Änderungen im SGB IX nicht ausreichend sind. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge unterschiedlicher Gesetze gilt es ebenfalls Änderungen in der Werkstättenverordnung (WVO), im Fachkonzept für Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) sowie im Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorzunehmen.
Eine ausgewogene Verhandlungsebene erhalten
Die mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) eingeführten Mechanismen im Vertragsrecht, die das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen mit Behinderungen sicherstellen, müssen erhalten bleiben. Ebenso muss der Interessenausgleich zwischen der Steuerungskompetenz der Leistungsträger und der auskömmlichen Refinanzierung der Leistungserbringung gewährleistet sein.
Um das gesetzlich verankerte Wunsch- und Wahlrecht der Menschen mit Behinderungen zu 30 garantieren, muss eine Vielfalt von Trägern und Anbietern bestehen bleiben. Nur so können Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt die für sie passende Unterstützung wählen. Eine Satzungsänderung der BAG WfbM im Jahr 2024 ermöglicht nun, dass auch rechtlich selbstständige andere Leistungsanbieter künftig Mitglieder der BAG WfbM werden können.
Reform des Werkstättensystems
Die BAG WfbM kritisiert, dass ein seit langem überfälliger Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Werkstättensystems noch nicht vorgelegt worden ist. Bereits im Jahr 2019 gab es einen Bundestagsbeschluss, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, innerhalb von vier Jahren unter Beteiligung maßgeblicher Akteure zu prüfen, wie ein transparentes, nachhaltiges und zukunftsfähiges Entgeltsystem entwickelt werden kann. Dieses Vorhaben wurde zwar von der Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 aufgegriffen, letztlich aber nicht umgesetzt. Denn trotz einer abgeschlossenen Studie zum Entgeltsystem in Werkstätten aus dem Jahr 2023, eines im gleichen Jahr begonnenen strukturierten Dialogprozesses sowie eines Aktionsplans aus dem Jahr 2024 wurde bis zum Scheitern der Ampelkoalition kein Gesetzentwurf vorgelegt.
Die BAG WfbM fordert seit mehreren Jahren eine Verbesserung der Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten und begleitet den Prozess von Beginn an proaktiv. Der Verband hat zwei Vorschläge zu einer möglichen Reform des Entgeltsystems entwickelt. Dabei handelt es sich um den Vorschlag „Grundeinkommen für Werkstattbeschäftigte“ und um den Vorschlag „Arbeitnehmerstatus mit Teilhabeanspruch“. (Mehr Informationen zu den Vorschlägen für eine Reform des Entgeltsystems in Werkstätten)
Es muss ein mindestens existenzsicherndes Einkommen für alle Werkstattbeschäftigten geben. Dabei müssen die bestehenden Nachteilsausgleiche der Menschen mit Behinderungen erhalten bleiben. Dies ist mit den derzeit durch das BMAS geplanten Änderungen nicht realisierbar.
Die BAG WfbM bekräftigt ihre Vorschläge und Forderungen für ein zukünftiges Entgeltsystem:
- Es muss ein mindestens existenzsicherndes Einkommen für alle Werkstattbeschäftigten – auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf – geben.
- Die bestehenden Nachteilsausgleiche der Menschen mit Behinderungen müssen erhalten bleiben.
- Die Schutzrechte bzw. die anwendbaren Arbeitnehmerrechte müssen genauer beschrieben und rechtssicher definiert werden.
- Es muss eine bundesweit einheitliche Rahmenentgeltordnung entwickelt werden.
Es gilt, zeitnah gesetzliche Änderungen umzusetzen, die dazu führen, dass es zu einer Verbesserung der Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten kommt. Gleichzeitig muss weiterhin sichergestellt sein, dass die Leistungen von Werkstätten auskömmlich refinanziert werden, um das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen mit Behinderungen zu stärken.
Zeitgemäße regelmäßige Anpassung der Werkstattentgelte etablieren
Die BAG WfbM hat mehrfach auf die mit einer erneuten Grundbetragserhöhung einhergehende Problematik der starken Abhängigkeit der Höhe der Werkstattentgelte vom Arbeitsergebnis hingewiesen. Sie führt dazu, dass die gesetzliche Erhöhung des Grundbetrags aufgrund der unveränderten Systematik des Entgeltsystems nicht bei den Menschen mit Behinderungen in Werkstätten ankommt.
Die Kurzfristigkeit der Umsetzung, ausgelöst durch die vergangenen Novellen des BAföG, stellte für viele Werkstätten eine Herausforderung dar, weil der Grundbetrag durch die Werkstätten selbst erwirtschaftet werden muss. Die gesetzliche Erhöhung des Grundbetrags im vergangenen Jahr verdeutlichte damit erneut, dass eine schnelle Verbesserung der Einkommenssituation der Werkstattbeschäftigten sowie eine grundlegende Reform des Finanzierungssystems der Werkstattentgelte notwendig sind.
Eine regelmäßige Anpassung der Grundbeträge und damit eine gleichberechtigte Verbesserung der Einkommenssituation von Werkstattbeschäftigten ist sicherzustellen, da es auch für die meisten Arbeitnehmer*innen in Deutschland eine Anpassung des Einkommens an aktuelle Rahmenbedingungen gibt.
Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe beibehalten
Entscheidend für eine Verbesserung der Entgeltsituation in Werkstätten wird sein, die politisch im vergangenen Jahr geplante Streichung der Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe nicht vorzunehmen. Das BMAS plante zuletzt, dass die Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe entfallen soll. Begründet wurde dies mit der Annahme, dass Unternehmen Werkstattbeschäftigte übernehmen, die bisher bei ihnen auf ausgelagerten Werkstattplätzen tätig waren, oder Menschen mit einem Budget für Arbeit einstellen und dadurch die wegfallende Anrechnungsmöglichkeit aus Sicht der Unternehmen kompensiert werden kann.
Ein Entfallen der Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe wird zudem 105 negative Auswirkungen auf die Arbeitsmarktnähe und die Entgelte der Werkstattbeschäftigten haben. Durch eine Streichung der Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe könnten allerdings zukünftig Werkstattaufträge ganz oder teilweise wegfallen, durch die ein Drittel der Entgelte der Werkstattbeschäftigten finanziert werden.
Auch ist nicht zu erwarten, dass Unternehmen durch eine Streichung der Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe mehr Werkstattbeschäftigte einstellen würden. Werkstätten haben einen strukturellen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Unternehmen. Dieser Wettbewerbsnachteil ergibt sich zum einen aus einer reduzierten Produktivität und zum anderen aus einem deutlich höheren Aufwand für die Vorhaltung einer auf die Belange von Menschen mit Behinderungen zugeschnittenen Arbeitsinfrastruktur.
Um Werkstätten im Wettbewerb die Chance einzuräumen, Aufträge und Umsätze zu generieren, hat der Gesetzgeber Nachteilsausgleiche vorgesehen. Die Möglichkeit der Anrechnung von Werkstattaufträgen auf die Ausgleichsabgabe stellt einen Nachteilsausgleich für Werkstätten dar und ermöglicht die Teilnahme am Wettbewerb.
Berufliche Bildung anerkennen
Eine hohe Qualität der Leistungen der beruflichen Bildung und einer lebenslangen zielgerichteten Verfolgung der persönlichen Entwicklung ist wichtig. In Werkstätten für behinderte Menschen finden berufliche Bildung und Rehabilitation durch wertschöpfende Arbeit statt. Die wirtschaftliche Tätigkeit sowie marktorientierte Arbeitsaufträge bilden die Grundlage, um künftig mehr Übergänge zu realisieren. Werkstätten haben qualifizierte Konzepte, die deutlich über die Anforderungen des derzeit gültigen Fachkonzepts der Bundesagentur für Arbeit (BA) hinausgehen.
Derzeit wird das Fachkonzept der BA überarbeitet. Die Überarbeitung ordnet sich in das Aktionsfeld 2 des BMAS ein, welches die Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung verfolgt. Damit verbunden ist die Stärkung der individuellen Förderung sowie die Erhöhung der Durchlässigkeit zum allgemeinen Arbeitsmarkt durch verbesserte Bildungs- und Arbeitsmarktchancen.
Die BAG WfbM unterstützt das Vorhaben ausdrücklich, sieht aber Nachbesserungsbedarf am aktuellen Entwurf, um den tatsächlichen Bedürfnissen und Bedarfen vieler Teilnehmenden im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich, deren Leistungsfähigkeit nicht, noch nicht oder noch nicht wieder für den allgemeinen Arbeitsmarkt entsprechen, gerecht zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind auch Änderungen in der WVO erforderlich, da insbesondere dort die fachlichen Anforderungen an die Werkstätten für behinderte Menschen und das Verfahren zur Anerkennung als Werkstatt für behinderte Menschen geregelt sind.
Die BAG WfbM bekräftigt darüber hinaus ihre Forderungen zur Verbesserung der beruflichen Bildung:
- Die personenzentrierte Bildungsbegleitung erfordert zusätzliche Ressourcen. Der aktuelle Personalschlüssel von 1:6 in Werkstätten ist unzureichend, insbesondere vor dem Hintergrund des angestrebten Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und damit verstärkten Berufsbegleitung (Jobcoaching). Eine Anpassung mindestens an den Personalschlüssel von 1:4, wie es auch bei anderen Leistungsanbietern praktiziert wird, ist notwendig.
- Menschen mit Behinderungen müssen durch ein bedarfsdeckendes, aber mindestens dreijähriges Anrecht auf berufliche Qualifizierung und Bildung gleichgestellt werden.
- Die Logik der dualen Ausbildung und Möglichkeiten des Besuchs der Berufsschule muss bei den Leistungen der beruflichen Bildung verankert werden.
- Die Leistungen der beruflichen Bildung von Werkstätten müssen im BBiG anerkannt werden. Dazu gehört auch die bundesweite Einführung von Teilqualifizierungen sowie einheitlicher Zertifikate.
- Eine dauerhafte Anerkennung der Leistungserbringer als beauftragte Bildungsträger bzw. als sonstige Berufsbildungseinrichtungen ist überfällig.
- Die gFAB soll verpflichtend für alle Fachkräfte eingeführt werden und das Lebenslange Lernen für Fachkräfte und Menschen mit Behinderungen selbstverständlich sein.
- Die Anwendung digitaler Lernumgebungen und der individuelle Einsatz von assistiven Technologien zur Vermittlung von Inhalten der beruflichen Bildung sind von zentraler Bedeutung. Dafür sind notwendige finanzielle Ressourcen nachhaltig sicherzustellen.
- Das Recht auf Bildung gemäß Artikel 24 UN-BRK muss für alle Menschen mit 170 Behinderungen, auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, gelten. Jeder Mensch muss zukünftig als bildungsfähig gelten und Leistungen der beruflichen Bildung auch tatsächlich in Anspruch nehmen können.
BVaDiG in der Praxis möglich machen
Anerkannte Teilqualifizierungen, Qualifizierungsbausteine oder der Wechsel in eine Ausbildung sollten auch weiterhin vorrangiges Ziel der beruflichen Bildung in Werkstätten und bei anderen Leistungsanbietern bleiben.
Das Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) bietet die Chance einer niedrigschwelligen Ausgestaltung des Validierungsverfahrens für Menschen mit Behinderungen. Damit kann bei nachgewiesener praktischer Handlungsfähigkeit auch der berufliche Nachweis nachgehend erreicht werden.
Derzeit sind allerdings noch große Hürden vorhanden, dass die Zielgruppe der Menschen mit Behinderungen in Werkstätten in jeder Lebensphase auch von diesem Gesetz profitieren kann. Die BAG WfbM setzt sich aktiv dafür ein, dass diese Barrieren abgebaut werden. Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern Mit dem Aktionsplan zur Förderung von Übergängen aus Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt kommt das BMAS der Forderung des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen nach.
Die BAG WfbM begrüßt daher die anvisierte Ausweitung der Nachteilsausgleiche bei den rentenrechtlichen Regelungen für alle Personen, die mit einem Budget für Arbeit sozialversicherungspflichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind. Die Beibehaltung der Rentenansprüche wirkt Hemmnissen bei Übergängen von Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen. Gleichzeitig fordert die BAG WfbM, dass künftig Budgetnehmer*innen auch Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, sodass sie Anspruch auf alle Leistungen der Bundesagentur für Arbeit für Versicherte haben. Eine 200 Rückkehr in die Werkstatt muss weiterhin möglich sein.
Beim Wechsel aus der Werkstatt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt stellt die eingeschränkte eigene Mobilität für viele Menschen mit Behinderungen ein Hindernis dar. Alle Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen müssen Nachteilsausgleiche zur Mobilität beinhalten und diese sicherstellen.
Ein wichtiger Aspekt zum dauerhaften Gelingen eines Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Begleitung der Menschen mit Behinderungen. Diese Begleitung hin zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie die Ausgestaltung der Begleitung am Arbeitsplatz ist insbesondere dann erfolgreich, wenn bereits bestehende Vertrauensverhältnisse und Unterstützungsarrangements genutzt werden. Die Einrichtung eines Inklusions- und Übergangsmanagements in Werkstätten muss strukturell verankert, die personellen Voraussetzung geschaffen und auskömmlich refinanziert werden. Auch die bereits bestehende Zusammenarbeit von Integrationsfachdiensten und Werkstätten kann hiervon nur profitieren.
Die Reduzierung der Aufgaben von Werkstätten auf das einzige Ziel „Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt“ wird weder dem gesetzlichen Auftrag noch den Wünschen und Bedarfen der Menschen mit Behinderungen gerecht. Werkstätten ermöglichen eine passgenaue und personenzentrierte Teilhabe am Arbeitsleben, sowohl für Menschen mit vorübergehendem als auch insbesondere für Menschen mit andauerndem Unterstützungsbedarf.
Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf nicht vergessen
Die BAG WfbM bekräftigt ihre Forderung, dass auch Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf im Rahmen ihres Wunsch- und Wahlrechts frei entscheiden können, wo sie arbeiten oder berufliche Bildung in Anspruch nehmen wollen.
Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf müssen die Wahl haben zwischen Leistungen zur Teilhabe in einer Tagesförderstätte, einer Werkstatt, im Rahmen des Budgets für Arbeit oder des Budgets für Ausbildung, einer Unterstützten Beschäftigung, bei einem anderen Leistungsanbieter oder in anderen Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation.
Zudem liegen zu den Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen mit hohem Unterstützungs235 bedarf hinsichtlich ihrer arbeitsweltlichen Orientierung keine belastbaren Informationen vor. Diesem Forschungs- und Handlungsbedarf nimmt sich das Projekt „Gemeinsam Perspektiven schaffen (GPS)“ an, das von der BAG WfbM initiiert wurde. Es soll dazu beitragen, Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf einen angemessenen Zugang zu beruflicher Bildung und Arbeit zu ermöglichen. Gemeinsam mit dem Projektpartner, der Universität zu Köln, werden seit September 2024 in einem Zeitraum von zwei Jahren die Bedürfnisse und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen in tagesstrukturierenden Angeboten erhoben.
Digitalisierung vorantreiben
Die fortschreitende Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt in vielen Bereichen. Auch Werkstätten für behinderte Menschen sind von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Die BAG WfbM forderte bereits 2023 einen digitalen Aufbruch, um die Werkstattleistung zukunftsfähig weiterzuentwickeln (Positionspapier „Digitaler Aufbruch für Werkstätten“).
Denn es fehlen eine dauerhafte sowie nachhaltige Finanzierung digitaler Infrastruktur und eine Förderung digitaler Schlüsselkompetenzen von Personal und Menschen mit Behinderungen in Werkstätten. Die von den Rehabilitationsträgern derzeitig geleisteten Vergütungen an die Werkstätten berücksichtigen die notwendigen Aufwendungen nicht ausreichend.
Gewaltschutz stärken
Wissenschaftliche Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Menschen mit Behinderungen deutlich häufiger von Gewalt betroffen sind als Menschen ohne Behinderungen. Gewalt kann viele Formen annehmen und ist damit nicht immer offensichtlich erkennbar. Werkstätten sind 260 daher bei der Gewaltprävention mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert und müssen verschiedene Aspekte berücksichtigen. Die Heterogenität der Zielgruppe und die damit verbundene Vielfalt der Werkstattleistung erfordern auch beim Gewaltschutz einrichtungsspezifische Konzepte.
Mit ihrem Fachwissen entwickeln Werkstätten wertvolle Ansätze, um ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen respektvoll miteinander arbeiten und lernen können. Werkstätten sind ein wichtiger sozialer Raum, in dem nicht allein berufliche Teilhabe geboten, sondern Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit gefördert werden. Dies sind wichtige Eigenschaften, um sich selbst und andere effektiv vor Gewalt zu schützen und die eigene Stimme gegen jede Form der Gewalt zu erheben.
Die BAG WfbM ist auch im inklusiven Arbeitskreis „Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen“ beim BMAS vertreten. Der Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, einen Wegweiser zum Gewaltschutz zu erarbeiten. Als Handlungsfelder sollen dabei insbesondere der rechtliche Rahmen des Gewaltschutzes, Personal und (Personal-)Ressourcen in Einrichtung, Aufklärung und Empowerment von Menschen mit Behinderungen und Vernetzung der Akteure bearbeitet werden.
Die BAG WfbM setzt sich entschieden für die Förderung und Umsetzung von Gewalt präventionsmaßnahmen in Werkstätten ein. Gewaltprävention kann aber nicht allein Aufgabe der Werkstätten sein. Auch Leistungsträger und externe Strukturen müssen mehr Verantwortung übernehmen.
Gesellschaftliches Umdenken notwendig
Die BAG WfbM wird sich weiterhin dafür stark machen, dass die Werkstattleistung insgesamt zukunftsfähig weiterentwickelt wird. Zudem bedarf es eines gesellschaftlichen Umdenkens. Werkstätten können die berufliche Teilhabe nur gemeinschaftlich mit weiteren Akteuren vorantreiben. Der Arbeitsmarkt, die Gesellschaft, der Staat und auch die Werkstätten müssen noch konsequenter gemeinsam daran arbeiten, Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu inkludieren. Dadurch lässt sich auch die Durchlässigkeit zwischen unterschiedlichen Bildungs- und Beschäftigungsangeboten für alle Menschen mit Behinderungen verbessern.
Die BAG WfbM:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) vertritt rund 700 Werkstätten für behinderte Menschen an mehr als 2.800 Standorten in ganz Deutschland. Derzeit ermöglichen Werkstätten für behinderte Menschen in Deutschland rund 310.000 Menschen mit geistigen, körperlichen und psychischen Behinderungen die Teilhabe am Arbeitsleben.
Quelle: BAG WfbM