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Pflege entschleunigen mit Kinästhetik -Fortbildung mit Sabine Siemann begeistert HpH-Mitarbeitende

„Man könnte sagen, ihr seid schon schwer damit beschäftigt, nicht umzufallen?“, fragt Sabine Siemann in die Runde. Die Teilnehmer*innen balancieren auf ihren Fußsohlen, sie stehen mit geschlossenen Augen im Trainingsraum Haus 3 Am Bokeler Bach. Einige nicken und schmunzeln. Die Gruppe ist sehr konzentriert, trotz der sommerlichen Hitze. Hier beobachten gerade zehn Mitarbeitende der HpH, dass eine Position wie Stehen oder Liegen keinen Stillstand bedeutet, sondern eine Aktivität ist, die die Kompetenz erfordert, das eigene Gleichgewicht und Körperspannung zu regulieren. Es ist deutlich zu sehen: Die interne Fortbildung „Kinästhetik in Pflegesituationen“ hat viel mit Wahrnehmung zu tun. Die Idee dahinter ist, über Hilfe zur Selbsthilfe Menschen zu mehr Selbstständigkeit zu mobilisieren und so auch die Pflegefachkraft zu entlasten.

Wo kann ich als Helfer unterstützen?

„Es geht um Individualentwicklung von Menschen. Wir suchen nach allgemeingültigen Mustern, damit wir die Abweichungen angepasst unterstützen können. Im Prinzip sind die Eigenschaften in der Bewegung von Menschen gleich. Wenn ich aufstehe, bringe ich mein Körpergewicht über meine Knochen in die Bewegung. Das ist einfacher, als das Gewicht über Muskeln zu halten. Was macht ein Mensch mit Behinderung, wenn Knochen deformiert sind? Dann nutzt er gegebenenfalls eine andere Bewegungsrichtung. Meine Aufgabe als Helfer ist, zu schauen, in welche Richtung kann ich unterstützen, dass mein Gegenüber einen für sich passenden Weg finden kann“, erläutert Sabine Siemann.

Der Ansatz der Kinästhetik gehe davon aus: „Es gibt kein Richtig und kein Falsch, nur ein Anders“, fasst die Referentin Sabine Siemann aus Georgsmarienhütte zusammen. Als examinierte Pflegefachkraft hat sie sich zur Trainerin und Ausbilderin weiterqualifiziert und begleitet die HpH-Mitarbeitenden aus den Einrichtungen Neurologisches Pflegezentrum, HpH-Pflegedienst, Haus An der Möhringsburg, Haus Am Bokeler Bach und Haus Quadenort sowie der Paul-Moor-Schule in vier Tagen dieser Fortbildung, die in zwei Phasen und eine individuellen Praxisbegleitung der Mitarbeiter*innen in ihrem Arbeitsfeld aufgeteilt ist.

Selbstkontrolle des Patienten

Es gehe um die größtmögliche Selbstkontrolle für die zu pflegende Person, sagt Siemann und nennt ein Beispiel: „Diese Menschen sind Profis in ihrem Körper, aber wenn sie immer die Erfahrung machen, ich werde gehoben und getragen, dann lernen sie `ich kann nichts mehr‘ – das hebeln wir aus, indem wir sagen, jeder Mensch ist entwicklungsfähig. Wir müssen aus einer anderen Perspektive auf die Bedürfnisse schauen.“ Das sei in der Realität so nicht immer gleich leicht umzusetzen, weiß Siemann, aber ihr ist es wichtig zu betonen: „Es geht um das Hinterfragen meiner inneren Haltung in der Pflegesituation.“

Die konkrete Umsetzung wirkt erstmal kleinschrittig und wenig gewaltig und doch macht die Anwendung von Kinästhetik eine Menge aus: „Es geht nicht um Tempo in der Situation, also, ich ziehe die Person nicht hoch vom Sitz, sondern ich muss auf die Reaktion des anderen warten. Es geht darum, was ist hier zwischen uns, wie können wir unser Ziel zusammen erreichen?“ erläutert Sabine Siemann den Prozess.

Geliebte Pflegeroutinen hinterfragen

Das kann auch schonmal bitter sein, wenn geliebte Routinen hinterfragt werden, aber es ist im Endeffekt ein Gewinn für das Gegenüber und auch die eigene Gesundheit: „Schonende Unterstützung ohne Heben und Tragen – da zeigt mir dieser Kurs tolle Erleichterungen auf, zum einen praktisch, aber auch auf meine Einstellung bezogen, was ich den Patienten auch zutrauen kann. Ich habe Sicherheit gewonnen durch diese Selbsterfahrung“, stellt Gaby Bührmann fest. Sie ist als Hilfskraft im NPZ tätig. „Wir machen hier super viel Praxis, man kann sich sehr gut in den andern hineinversetzen“ sagt Teilnehmerin Lea Mitgös, Erzieherin in der Paul Moor Schule, und Irina Peters, Heilerziehungspflegerin im Haus Am Bokeler Bach, findet: „Die Referentin hat viel Erfahrung, das merkt man.“

Text und Fotos: Marie HImstedt.

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